Samstag, 12. Februar 2011

Die Marketingtaktik der iPad Konkurrenz ...

Android 3 ala Honeycomb steht vor der Tür und wirft seine Schatten schon weit vorraus. Motorola geizt seit Wochen nicht mit großspurigen Werbeteasern zum bevorstehenden Xoom Tablet. HP kündigt ebenfalls eine Tablet "Revolution" auf Basis von WebOS an. Das bevorstehende Jahr sollte also den Tablet Markt betreffend durchaus interessant werden. Dennoch ist in Ansätzen zu erkennen, das diverse Hersteller nur bedingt dazu gelernt haben und bereits im Vorfeld Fehler begehen, die ich anno 2011 eigentlich für überholt halte.

Die meiner Meinung nach drei größten Fauxpass der aktuellen Tablet Ankündigungen:

1. Der "ewige" Ankündigungs Status
Die Marktmacht des iPads scheint der Konkurrenz nach wie vor in den Chef und Marketing Etagen das fürchten zu lehren und so greift man eine Werbestrategie auf, die schon Microsoft (und andere) in den 80ern beherrschten, welche allerdings in jüngster Vergangenheit bereits beim WeTab kräftig in die Hose gegangen ist. Hierbei versucht man krampfhaft sein Gerät im Markt zu etablieren, noch lange bevor es Marktreif ist, noch lange bevor überhaupt eine Serienproduktion startet, lange bevor man weiß WANN genau das Gerät erhältlich sein wird, WAS genau es wirklich kann und WIEVIEL es letztendlich kosten soll.
Der Hintergrund dieser Werbetaktik ist einfach und nachvollziehbar:
Wer sich jetzt überlegt ein Tablet zu kaufen, landet bei einem Marktcheck über kurz oder lang beim iPad. Wer sich allerdings jetzt ein iPad kauft, der ist als Kunde für die nächsten 1-2 Jahre erstmal weg vom Markt. Es ist also Ziel, potentielle iPad Käufer solange vom Kauf eines solchigen abzuhalten, bis das eigene Gerät dann - irgendwann, vielleicht, endlich, eventuell, wirklich - verfügbar ist. Fast wie ein Akt der Verzweiflung, welcher vor allem Hilflosigkeit signalisiert. 

"Wir haben nichts. Wir haben den Anschluß verpennt und hinken dem Markt hinterher, aber wir arbeiten dran und bald haben wir auch was, bitte lieber Kunde gebt uns eine Chance und wartet, wartet, wartet ..."
Selbstbewusstsein sieht anders aus. In den 80ern hat diese Taktik allerdings schonmal prima funktioniert. Microsoft konnte zu Beginn des großen Systemkampfes auf diese Art und Weise, mit Vorstellungen und Ankündigungen, viele Entscheider davon überzeugen auf das eigene System zu warten, welches dann Jahre später erstmals auch ernsthaft einigermaßen funktionsfähig war.

An Dezember 2010: Motorola Teaser eines 
irgendwann erscheinenden und noch nicht ansatzweise spezifizierten Gerätes.


Der andere Effekt dabei ist: In den Köpfen der Leute sind ihre Geräte bereits angekommen. Fragt man nur flüchtig IT interessierte, stellt man fest das viele davon ausgehen, das es Honeycomb und entsprechende Geräte längst gibt. In etlichen Kommentaren von IT Blogs und Foren werden zudem die noch gar nicht erhältlichen Geräte als viel bessere iPad Konkurrenz von Apple Bashern angepriesen, als würde man schon seit Wochen oder Monaten darauf arbeiten und könnte tatsächlich aus eigener Erfahrung im Preis Leistungs Verhältnis berichten.
Mit großer Warscheinlichkeit aber wird Apple kurz vor dem Erscheinen der dann dem jetzigen iPad in der Tat überlegenen Honeycomb Tablets (1,5 Jahre später auch nur logisch), das iPad 2 veröffentlichen. Einfach so. One more thing. BÄM! iPad 2 shipping & in stores next week (oder maximal "next Month"). Keiner weiß im Moment genau was dem iPad 2 an technischer Ausstattung beschert sein wird. Aber es wird real verfügbar sein. Und warscheinlich nicht deutlich teurer als die Konkurrenz. Und es wird zufriedenstellend genau das tun und machen, was man erwartet - und das alles etwas besser, fluffiger und schicker als das aktuelle Modell.  Wenigstens können dann die Leute die sich von HPs und Motorolas Versprechungen haben hinhalten lassen gleich das aktuelle iPad kaufen ;-)


2. Der "technische Daten" Wahn:
Wer erinnert sich nicht an den Gigahertz Wahn der Neunziger? Intel und AMD schmissen sich abwechselnd Daten und Zahlen um die Ohren - und dem geneigten Käufer an den Kopf, ohne das dieser eine Vorstellung davon hatte, was dies ihm praktisch denn nun bringen möge. Ein scheinbar längst verloren geglaubtes Zeitalter, in welchem Modellbeschreibungen aus kryptischen (und hässlichen) Zahlenkombinationen bestanden. Man kaufte nicht den "iMac" den "G4" oder wie aktuell einfach ein iPhone  - zumindest der Großteil nicht :-). Nein, man stellte sich den HP X2000+ AI66PRO-FX4000 unter den heimischen Schreibtisch. Mit einem hämischen Blick auf den Nachbarn, der nur einen CQ M1800+ PX66-MX3800 hatte. Schließlich sagte der Mann in der Werbung, das man mit dem AI66 deutlich schneller Solitaire spielen, im Web browsen und Briefe schreiben kann als mit dem PX66. Lange schmückten sich Hersteller mit Produktnamen die eine größere Zahl an "irgendwas" als ein "besseres Gerät" suggerierte. DOSen wurden (und werden zum Teil immer noch) größtenteils anhand technischer Daten verkauft. Es spielte überhaupt keine Rolle, ob und was man damit praktisch  anfangen kann, ob ein Unterschied zu anderen Zahlenkombination spürbar war und dem Anwender irgendeinen Mehrwert brachte. Das Ergebnis des Ganzen waren dann z.B. im Notebook Sektor wahre Hochofen-Heizkraftwerke mit 30 Minuten Akkulaufzeit aber "VOLL DIE POWER EY!" die dann mit Windows ME regelmäßig jämmerlich im Bluescreen verreckten.

Wiederholt sich das Ganze nun im Tablet Sektor? Vieles deutet darauf hin. Wenn sowieso 80% der iPad Konkurrenz das gleiche Android einsetzen wird - womit grenzt man sich dann gegen die (etwaige anderen) Mitbewerber ab? Ich befürchte also uns naht auch in dieser Branche die Rückkehr der Datenblätter Vergleiche.

Ende Januar: Motorola preist "more speed" mit Dual 1GHz, "more flexibility" mit 5MP  rearfacing und 2MP Front facing camera" und anderen "schneller, weiter, höher" slogans

Keiner der bisherigen Ankündigungen zeigt, was man nun wirklich mit dem "schneller und besser" bewerkstelligen kann. Keine praktischen Anwendungsbeispiele, keine Präsentation von Inhalten, Software oder anderen Userrelevanten Bedienschnittstellen oder gar Usabillity Performance. WOW! Bald kann ich mit dem Motorola Xoom schneller im Internet surfen als mit dem GalaxyTab! Ihr werdet es erleben. Spätestens ab dem dritten Quartal, wenn es ins Vorweihnachtsgeschäft geht, werden uns Megahertz  und andere technische Zahlen im Tablet Sektor um die Ohren geblasen wie einst Mitte/Ende der Neunziger und das wird sich auch auf den wachsenden Smartphone Markt ausweiten. Bald schon werden wir mit DualCore X2400Pro PM-FX7 schneller telefonieren können, als mit einen schnöden iPhone, von dem der normale User nichtmal weiß, was dort überhaupt technisch alles drin werkelt. Und wie jeher muss das der geneigte Apple User auch nicht wissen. Es funktioniert halt. Thats it.


3. Anti-Apple. Und das zu 100%.
Ja, ich finde vergleichende Werbung spannend. Ja, im Grunde finde ich auch den Motorola Superbowl Werbetrailer gelungen. Gekonnt spielt man auf 1984 an, den damaligen Apple Trailer von Ridley Scott, und der dort verbreiteten Zukunftsvision. Heute ist Apple der (scheinbar) dominierende Anbieter von Gadgets und Devices. Der im ursprünglichen 1984 Trailer gleichschaltende BigBrother. Apple, bzw Ridley Scott brachte es zwar deutlich schneller und treffsicherer auf den Punkt, aber der gelungene Trailer sei Motorola gegönnt - und offenbart gleichzeitig die Schwäche der Konkurrenz und die vorhandene Dominanz von Apple. Apple ist allgegenwärtig.

Motorola Superbowl Add - 1984. again

Alles wird darauf gebürstet sich "gegen" Apple zu positionieren. Ich persönlich frage mich: Wäre es nicht an der Zeit sich "für" sein eigenes Produkt stark zu machen? Ist es denn ratsam, seinen Kunden auf Schritt und Tritt unter die Nase zu reiben, *wem* man eigentlich am Markt hinterher rennt? Wirft man einen Blick auf die Bildergalerie bei Heise zur Vorstellung des bevorstehenden HP Tablets, muss man mitunter zweimal hinsehen, um sich nicht in einer Apple Präsentation zu wähnen :-). Die komplette Ästhetik der Darbietung ist auf das Erscheinungsbild der Apple Veranstaltungen und Keynotes getrimmt. Nicht, dass Apple hier irgendwas besonderes geschaffen hätte, dass nun alle nur nachmachen. Apple hat lediglich schon vor Jahren Geschmack für Stil bewiesen. Die Konkurrenz mag darin ein Geheimnis des Erfolgs sehen, und fängt nun (endlich) ebenfalls an, in einigen Bereichen Stil zu zeigen. Aber das nur am Rande - es ist nicht der Punkt den ich mit "100% Anti-Apple" meine. Dieser kommt andererorts zum tragen. In Verlautbarungen und Ankündigungen. Es mangelt vielen Anbietern so offenkundig an Selbstvertrauen ein Produkt anbieten zu können, das eine eigene Daseinsberechtigung erfährt, dass man darauf vertraut seine Daseinsberechtigung vor allem aus der Positionierung gegen Apple speisen zu müssen. Auch das ist eine Geschichte mit Tradition. Es gab sie alle schon: Die iPod Killer und die iPhone Killer. Und jetzt wird eben die Zeit der iPad Killer ausgerufen. Und hier schließt sich auch der Kreis zu Punkt 2 - dem technische Daten Wahn. Man erschafft Geräte die in äußerlichem Design und Bedienung so nah wie möglich an den Apple Produkten liegen und stellt die eigenen Vorteile gegenüber dem nachempfundenen Produkt vor allem durch die scheinbare Überlegenheit von reinen Zahlen in den Vordergrund. Nicht etwa durch praktische Anwendungen. Dabei setzt man allerdings die Apple Produkte noch nachhaltiger auf einen Thron, obwohl man eigentlich bestrebt ist, sie von selbigen zu stoßen. Diese Strategie hat bereits beim iPod seit 2001 versagt. Mit jedem Gerät das man lautstark und auch mit optischen Design Anleihen *gegen* den iPod positionieren wollte, lenkte man die Aufmerksamkeit nur noch mehr auf den selbigen. Dabei hätten einige Geräte z.B. von Archos oder der ZEN Reihe durchaus gute Chancen gehabt, einen gleichwertigen Parallel Markt zu Apples MP3 Player zu schaffen, denn so schlecht waren diese Geräte nicht. Aber anstatt die eigenen Stärken herauszukehren und selbstbewusst die eigenen Produktlinien als eigene Kreationen am Markt zu bewerben, stellt man sich (psychologisch schlecht gewählt) frühzeitig in den Schatten, des damals erst am Anfang seines Siegeszugs stehenden Herstellers aus Cupertino.
Schnell bestand die einzige Strategie darin Apple den Krieg zu erklären. Viele Hersteller schossen überhaupt erst mit einer  derartigen Anti-Apple Strategie  aus dem Nichts hervor. Das Ergebnis war, dass mit jedem Produkt, welches lautstark gegen den iPod positioniert wurde, die Aufmerksamkeit die Apple zuteil wurde stieg. Und das sprunghaft. Zur damaligen Zeit spielte Apple nicht ansatzweise die Rolle in der IT Branche, die das Unternehnehmen heute inne hat. Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass die pure Angst - und somit die Reaktion der "Kontra Positionierung" - es gewesen ist, die Apples MP3 Player erst die nötige Aufmerksamkeit (außerhalb der Apple User Gemeinde) verschafft,- und somit den Siegeszug ermöglicht hat. Eine fast identische Konstellation wiederholte sich seit der Einführung des iPhones.  Natürlich hat Apple weder den MP3 Player, noch das Telefon - selbst mit Touchbedienung - erfunden. Das bisweilen plumpe Nachahmen der Konkurrenz, gepaart mit der Ideenarmut bei Design und Umsetzung,  hat die Aufmerksamkeit erst dermaßen exzessiv auf Apple gelenkt und fixiert.

Ein Vorreiter kann schließlich nur als Vorreiter in die Geschichte eingehen, wenn es genug Leute gibt, die ihm nachlaufen. Und genau das macht der Markt seit dem ersten iPod. Genau aus diesem Grund begrüße ich jeden neuen Konkurrenten am Markt, der sich so offensichtlich gegen das iPhone und den iPad positioniert, denn sie ermöglichen es, den Ruf Apples in die Geschichtsbücher zu zementieren. Willkommen :-)

Das Jahr hat gerade erst begonnen. Jede Konkurrenz belebt nachweislich den Markt, es bleibt abzuwarten wie sich die großspurig angekündigten Geräte behaupten werden und wo sie sowohl preislich, als auch vom tatsächlichen Mehrwert her gegen das iPad aufgestellt werden. Einige davon werden wohl noch vor ihrer Veröffentlichung von der iPad 2 Einführung erneut überholt. Spannend bleibt esw alle mal :-)


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